Brief an die Mitglieder der Kolpingsfamilie Weinheim

Freut euch, „denn uns ist ein Kind geboren “    (Jesaja 9, 5)

Liebe Kolpingsschwestern, liebe Kolpingsbrüder,

selten in den vergangenen Jahren ist das Wort Hoffnung so gewaltig in Schach gehalten worden. Als im Sommer die Corona-Pandemie einen Tiefpunkt erreicht hatte, haben wir leicht aufgeatmet. Doch haben die Prognosen einen Rückfall angekündigt, der uns heute überall mit eiserner Hand hält.

Seit neun Monaten werden wir in unserer Freiheit und in unseren Beziehungen gewaltig eingeschränkt. Familienangehörigen, besonders wenn sie weit von einander wohnen, dürfen sich nur noch per Video sehen und telefonisch sprechen. Home-Office gibt dem Arbeitsalltageine bisher ungeahnte Dimension. Die Betreuung der Kinder verlangt von den Eltern eine besondere Phantasie.

Schwerkranken bangen um ihre Leben. Für viele Familien ist es eine schwere Zeit geworden: Teilarbeitszeit, reduziertes Einkommen bei gleich bleibender finanzieller Belastung, Unsicherheit um das Arbeitsverhältnis, beeinträchtigte Schulunterrichte, begrenzte Mobilität und getrennte Familien, eingeschränkte bis untersagte Besuche in Altenheimen und Krankenhäusern. Die Liste ist lang. Selbst die kirchliche Anbindung wird durch strenge Verordnungen schon dünn.
Vielen von uns wurde das Osterfest in bisherigem Ablauf beraubt. Es gab kein Pfingstfest, keine Fronleichnamsprozession. Sicherheit geht vor !
Was die Bindung der Menschen unter einander macht – die Pflege der Gesellschaft und der Geselligkeit – bleibt untersagt. Das Familienfest par excellence – Weihnachten – steht jetzt vor der Tür. Werden wir diese Feier in unser Haus einziehen lassen dürfen? Ist da ein kleines Lichtlein Hoffnung zu erkennen ?. Ja doch.

„Das Volk, das im Dunkel lebte, sieht ein helles Licht.“ (Jesaja 9, 1)

Wie viele Jahre gab es in der Vergangenheit bereits mit Sperrstunden, mit Versammlungsverbot, in der Erwartung auf das Licht der Befreiung von einer Tyrannei, von Kriegselend, Diktaturen und Seuchen ? Doch eines Tages war alles vorbei.
Die Hoffnung war wieder erfahrbar. Ja, eines Tages wird eine neue Zukunft greifbar sein.

Im Advent, ein Lichtlein brennt.

Das Lichtlein ist klein, kaum zu erkennen, aber es brennt dennoch in der Dunkelheit unserer Zeit, in der Finsternis der Geister.
Die letzten Monate und die kommenden Zeiten sind wie eine dunkle Fläche in einem Alltag, der lange sicher schien und sich heute so zerbrechlich erweist. Umso mehr brauchen wir in den anstehenden Prüfungen das Licht der Hoffnung, wenn alles in Frage gestellt wird. Vor dem Licht muss die Finsternis aus den Herzen ausweichen. Auch die Corona-Pandemie wird ein Ende erfahren.

„Bleibt standhaft, – sagt Jesus – und fürchtet euch nicht. Ich bin doch bei euch.“

Es ist heute an der Zeit zu zeigen, was uns in Christi Geist eint: das Vertrauen in Christus, seine Nähe zu uns, wie auch der Zusammenhalt unter einander. Die Christen sind im Advent auf dem Weg zur Krippe. Bis sie den Stall mit dem Christkind erreichen, dauert es nicht mehr lange. Auf dem Weg dahin können sie dennoch diejenigen nicht ignorieren, die heute in der Einsamkeit sind und sich nach einem Besuch ersehnen, auch nicht diejenigen, die im Beruf und in der Familie in einen Engpass geraten sind. Wenn der persönliche Besuch ohne weiteres nicht möglich ist, bieten Briefe, Telefon und moderne Medien viele Wege zur Kommunikation.
In unserer Kolping-Familie Weinheim haben wir die Monatstreffen einstellen müssen, wie auch die Seniorennachmittage und die Begegnungen der jungen Familien. Selbst der Heilige Nikolaus war bei den Kindern per Live-Stream zu Besuch und nicht im Walde. Alles dreht sich langsamer, aber dem Stillstand nicht gewidmet. Vorstandsitzungen, Geburtstagsbesuche werden mit strengen Schutzmaßnahmen weiterhin gepflegt.
Der Christmensch ist mit seinem Glauben ein Träger der Hoffnung.
Mit der Kraft der Hoffnung bricht er die Resignation und die Einsamkeit. Er öffnet den Blick, wo Egoismus droht. Er ermutigt, wo Angst und Unmut sich breit machen.
Maria aus Nazareth hat ihre Angst überwunden, weil sie an die Hoffnung und an das Wort Gottes geglaubt hat.
Elisabeth, die ältere Cousine, hat trotz der angekündigten Geburt in ihrem fortgeschrittenen Alter ihre Angst überwunden, weil sie an die Verheißung Gottes glaubte.
Die Angst vor der Pandemie, die Angst vor Anschlägen aller Art sollen uns in den Beziehungen, im Austausch unter einander, in der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest nicht lähmen. Gewiss ist überall Vorsicht geboten, aber wir haben die Pflicht zur Ermutigung. Wir haben die Aufgabe, einander beizustehen. Wir haben den Auftrag, Hoffnung zu verkünden.
Immanuel, Gott ist mit Dir. Deshalb sollst Du Vertrauen haben.
Ein neues Licht wird leuchten, das die Finsternis verdrängen wird.

„Fürchte dich nicht, Zion ! Lass die Hände nicht sinken !
Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte.“ (Zefania 3, 16-17)

 Wir wünschen allen in den Familien, in den Heimen und Krankenhäusern

Gesegnete Weihnachten und ein Gutes, Gesundes, Neues Jahr 2021

Mit herzlichsten Grüßen. Treu Kolping.

Pierre Gerodez                                                        Carolin Schneegaß
Präses                                                                      Geistliche Begleitung

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